RUNDTISCHGESRÄCH: "Togo Vision 2030"

Rundtischgespräch „Die Vision Togo2030“
am 19.12.2019 ab 13.30 Uhr im
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Berlin
Obwohl „Einladung“: Anreise, Übernachtung und Verpflegung

auf eigene Kosten!

 

Die Veranstaltung begann pünktlich, eben typisch Deutsch und nicht Togoisch! Minister Müller hatte aber noch eine „Personalversammlung“, kam deshalb etwas verspätet zu uns.
Es waren ca. 25 verschiedene Vereinsvertreter anwesend, die alle in Togo Projekte durchführen. Die Meisten von ihnen ähnlich aufgestellt wie Togo-Hilfe e.V., allerdings aber auch Vertreter/innen von „Brot für die Welt“, Engagement Global, BMZ, Deutsches Außenministerium, Dt. Städtetag, MDB`s die im Ausschuss „Afrika“ sind. Vielleicht habe ich noch jemand vergessen?
Eine Teilnehmerliste soll noch geschickt werden.


Eröffnet hat Herr Johannes Singhammer, Vizepräs. des Dt. Bundestages a.D. aber wohl immer noch hierfür tätig wenn es um Afrika und Togo geht. Er zeigte sich sehr erstaunt über die große Anzahl der erschienenen Vereinsvertreter und scheint mir sehr engagiert und wissend i.S. Togo zu sein, machte wirklich einen kompetenten Eindruck. Ihm habe ich auch unsere Kalender 2019 und 2020, mein Pamphlet und unseren Flyer gegeben.
Er lobte die Bedeutung der Arbeit der Deutschen Vereine in Togo. Im Verhältnis zur Größe des Landes Togo, gibt es wohl weltweit kein Land, wo so viele Deutsche Organisationen Projekte durchführen.


Danach sprach der Botschafter Republik Togo in Deutschland S.E. K.B. Dagoh. Es waren zuerst die üblichen allgemeinen Floskeln, die ich erwartet hatte. Er betonte die Freundschaft zwischen Togo und Deutschland, bedankte sich bei allen Anwesenden, die für sein Land Gutes tun. Er sprach u.a. das Thema Korruption an und war stolz zu berichten, dass Togo es geschafft hat, von fast 200 Staaten von Rang 156 auf jetzt aktuell Nr. 97 der Welt geschafft zu haben. Togo sei auf dem richtigen Weg.
Dennoch sprach er von „Schwachstellen“, die nach wie vor in Togo vorhanden sind. Auch sprach er die Kommunalwahlen an, die in diesem Sommer endlich, nach 30 Jahren, stattgefunden haben. Er erhofft sich, wie ich es auch von dem Bürgermeister von Haho3 bei unserer Reise vor 1 Monat (in unserem Berufsausbildungs-zentrum Agerto in Akpakpakpe) gehört habe, Hilfe von Deutschland, genauer gesagt, von Deutschen Städten und Gemeinden. Hier möchte Togo Hilfe beim Aufbau von kommunalen Strukturen gegeben werden. Es fiel das Wort: Reform- Patenschaften.

 

 

Jetzt erschien der Minister Gerd Müller und hielt eine bemerkenswerte Rede, die auch von einem guten Wissensstand, was Togo betraf, zeugte.


Danach durften sich die speziell eingeladenen 3 Deutschen Organisationen vorstellen. Hier hätte man seitens des Veranstalters mehr auf die Redezeit achten sollen!! Interessant war hier, dass der Verein „Hilfe für Togo e.V.“ derzeit 101 Lehrlinge in der Berufsausbildung in Kpalimé hat, wozu auch ein Restaurant gehört, nämlich das uns (Togo-Hilfe e.V. Mitglieder) bekannte „Macumba“ gehört.


Dann kam die „Diskussionsrunde“, wobei nur einige wenige Teilnehmer die Möglichkeit hatten, etwas zu sagen. Heraus kam als das Wesentliche, es solle eine Art Forum gegründet werden, in dem sich die Organisationen einbringen, die in Togo tätig sind. Hier sollen die Themen/Fragen gesammelt und bearbeitet werden, die für alle interessant sind bzw. wo Lösungen erforderlich sind.

Herr Minister Müller musste dann auch leider schon wieder zum nächsten Termin. Nun, er hat sich auch entschuldigt, was ich auch verstehen konnte. So kurz vor Weihnachten bzw. den „Weihnachtsferien“ gibt es halt viele Termine. Was könnte man daraus lernen? Einen besseren Termin wählen! So kurz vor Weihnachten ist schon für alle „sehr speziell“! Nicht nur für den Herrn Minister!


Für die Diskussionsrunde nach der Kaffeepause, habe ich mich sehr intensiv dafür eingesetzt, dass ich zu Wort kam. Und, es hatte geklappt.
Ich durfte ein Thema ansprechen, wobei ich die Korruption sehr klar formuliert habe (Es kam viel Beifall) und zwar speziell bei der Einfuhr von Hilfsgütern per Container. Wir von Togo-Hilfe e.V. haben es ja selbst erlebt. Sei es unsere eigene Aktion, oder die von „Engel & Völkers Charity e.V., oder von der ev. Kirche aus Esslingen, die alle über die Partner-Organisation „Agerto“ (eine in Togo akkreditierte ONG mit schriftlichem Testat der zollfreien Einfuhr von Hilfsgütern) eingeführt wurden. Die Zollbehörden im Hafen ignorierten in allen Fällen (!) die „Zollbefreiung“, die „Agerto“ schriftlich vom Staat erhalten hatte. Jedes Mal musste eine erhebliche Summe „Zoll“ bezahlt werden. Hierauf antwortete der Botschafter sinngemäß: Er sieht hier „Schachstellen“. Wörtlich laut Übersetzer: Wenn der Staat erfährt, wer den Zoll in solchen Fällen kassiert, wird derjenige verhaftet.


Was lernen wir daraus? Nehmen wir den Botschafter beim Wort. Wird Zoll verlangt, lassen wir uns das schriftlich geben und leiten dies dann weiter.

 

 

Weitere Diskussionsthemen:


Geburtsurkunden für Kinder, die oftmals leider nicht vorhanden sind und ohne diese sie nicht auf weiterführende Schulen gehen dürfen. Bevölkerungsentwicklung: In den letzten 25 Jahren hat sich Bevölkerung in Togo verdoppelt. Das Durchschnittsalter liegt bei 24 Jahren. Was macht der Staat i.S. Schulen, Berufsausbildung, Landwirtschaft für die junge Generation? Wenn über 50% der Jugend arbeitslos ist, führt dies zwangsläufig zu Konflikten.


Auch wurden angeprangert: Gesundheits- Infrastruktur, med. Grundversorgung, voller Zugang von Frauen und Mädchen zur Ausbildung und Frauen sollen entscheiden dürfen, wie viele Kinder sie gebären wollen?
Ein gebürtiger Togoer, Herr Daré David Djore, der schon seit 20 Jahren in Deutschland lebt und arbeitet, sprach ein sehr wichtiges Thema an: Er wird in Kürze in Lomé eine Art Büro/Stelle installieren, wo gemeinnützige Organisationen „Hilfe“ bzw. know how erhalten können, wenn es um Baumaßnahmen geht wie Schulen, Brunnen, etc. Insbesondere wird hier Wert darauf gelegt, mit welchen Materialien die Projekte durchgeführt werden. Er sprach von Zement/Beton und die Menge an Eisen welche verwendet werden. Hierbei spielen seine Erfahrungen eine Rolle, dass die verwendeten Materialien für Projekte, die die Hilfsorganisationen finanzieren, minderwertig sind bzw. falsch sind. Er hat viele Schulen u.ä. gesehen, wo die Gebäude nach und nach zerfallen, eben weil die verbauten Materialien schlecht waren.
Von off. Deutscher Seite wurde in meinen Augen derzeit noch weltfremde Themen eingebracht wie Berufsbildungs-Austausch und Austausch von Studenten. Sieht man das Jahr 2030 mag das o.k. sein, aber derzeit sollte das hinten anstehen und keine Hoffnungen geweckt werden.
Selbst bei dem Thema „Kommunal-Partnerschaften“ mit dem Austausch von „Beamten“ (es wird derzeit wohl schon bereits mit 3 Dt. Städten, u.a. Nürnberg, „praktiziert“, wobei das „Wie“ spannend sein dürfte ) müsste zuerst einmal die Infrastruktur in den Städten und Gemeinden in Togo vorhanden sein. Was nützt es einem Beamten einer togoischen Stadt ein Aufenthalt bei einer Deutschen Stadtverwaltung, wenn bei ihm zu Hause die Infrastruktur nicht vorhanden ist. Es fehlen auch Stadt- bzw. Gemeindesteuern die nennenswert sind, um Strukturen zu bilden. Ein solcher Aufenthalt eines „Beamten“ aus Togo kann nur frustrierend für diesen sein. Dies aber ist meine persönliche Meinung. Es gibt zuerst einmal wichtigere „A“- Aufgaben!
Der Herr Botschafter geäußert, dass er die Themen/Fragen/Kritikpunkte notiert hat, da er nicht alle beantworten konnte. Wenn es denn so ist und danach auch Taten folgen, wäre das ein großer Erfolg der Veranstaltung!
Hiermit endet das, was ich mir so notiert habe und für wesentlich betrachte.

 

Fazit:

Ich war positiv überrascht! Ich hatte mehr „Geschwafel“ und „Beweihräucherung“ erwartet. Auch dass ein Botschafter nur mal kurz da gewesen wäre und seinen Vertreter geschickt hätte.
Es war ein guter Anfang! In der Mathematik würde man sagen, auch für den Ansatz gibt es Punkte. Wenn dann jetzt eine Art Forum eingerichtet wird (wer ist hierbei federführend? Wer organisiert das?) und weitere konstruktive Treffen (ob in Berlin oder Bonn?) stattfinden, fände ich das gut.


Es haben sich aber für mich 2 Schwerpunkte ergeben:

 

  1. Der Erfahrungsaustausch unter den Hilfsorganisationen mit all den Themen und Fragen (an Offizielle (BENGO, Engagement Global, BMZ  und an „gleichgesinnte“ Organisationen) und
  2. Fragen an den Botschafter von Togo, wie mache ich was? Welche Stelle in Togo hilft wobei? Korruption und wie gehe ich damit um? Zollfreie Einfuhr von Hilfsgütern?


Das bedeutet für mich, dass bei einer möglichen weiteren Einladung diese Themen getrennt werden sollten. Ich hatte vergeblich die „Moderatorin“ darauf hingewiesen, dass es heute sehr wichtig sei, da der Botschafter nun einmal da war, ihn auch mit Fragen „zu beschäftigen“. Erfahrungsaustausch der einzelnen anwesenden Organisationen schön und gut. Ich fand es wirklich sehr gut, dass der Herr Botschafter sich so viel Zeit für diese „Runde“ genommen hatte! Hierzu sage ich meinen Dank!!!


Leider kam ich nicht mehr zu Wort bezgl. der Themen:

 

  1. Wie ist denn wirklich und in der Praxis die Gewaltenteilung zwischen dem gewählten Bürgermeister und dem vom Staat eingesetzten Präfekten? Da ich aktuell in Togo war, kenne ich die Fragen eines gewählten Bürgermeisters, der mir sehr engagiert zu sein scheint. Nur auch hier gilt: Ohne Moos nix los!
  2. Wann sind die Präsidentschaftswahlen im Jan./Febr. 2020 wirklich? Werden diese vielleicht nach hinten verschoben (wie so oft) und tangiert dies dann meine Oster-Tour 2020?
  3. Wie denkt die Regierung eigentlich i.S. Umweltverschmutzung, insbes. bei
    a) der Ableitung in´s Meer i.S. Phosphat- Produktion. Dieser in´s Meer abgeleitete gelbe Schlamm ist vom Weltraum aus sichtbar!
    b) Der Küsten- Erosion insbes. im Bereich Hafen von Lomé Richtung Benin?
  4. Plastikmüll und Müllberge

    Diese Themen kamen gar nicht zur Sprache!