Mittwoch, den 30.11.22
Über die Fördermöglichkeiten der internationalen Zusammenarbeit in der Berufsausbildung sollte auch bei einem Webex-Termin in einer Onlinekonferenz des BMBF (Bundesministerium für Bildung und
Forschung) diskutiert werden. Um sich von Togo aus dort einzuwählen, benötigt man stabiles Internet. Das ist hier gar nicht so einfach zu kriegen. Im Hotel (wir hatten gestern so ungefähr 6 Mal
Stromausfall und das Internet war nun minutenweise stabil…) wird das nicht funktionieren.
Im Hotelzimmer steht zwar ein WLAN Passwort, aber es gibt keine Verbindung – zumindest nicht in den Zimmern, in denen Mitglieder von Togo-Hilfe untergebracht waren. Im Restaurant funktioniert es
zeitweise mit manchmal sehr schwacher Bandbreite, aber das unglaublich laute Donnern der Meeresbrandung macht hier jede Beteiligung über ein Mikrofon an einer Online Konferenz unmöglich.
Aimé holt uns ab und wir fahren zu Blaise D‘Almeida. Am Sitz des lokalen Vereins KommTogoGehWeiter in der Innenstadt in Lomé hat er eine stabile Internetverbindung über einen französischen
Provider. Ein Laptop stellt er uns bereit und Michael wählt sich in die Konferenz ein. Wir sind dafür extra früher aufgestanden. Die Uhrzeiten in der Einladung beziehen sich auf deutsche Zeit
bzw. MEZ. Wir haben hier eine Zeitverschiebung um eine Stunde.
Zunächst gibt es eine moderierte Diskussion. Dabei können erst mal nur Fragen in den Chat gestellt werden. Es sind wohl auch Vertreter aus anderen Ländern in Mittel-und Südamerika, z.B. aus
Nicaragua eingewählt. Zunächst geht es um den Focus, wer sich überhaupt um Fördermittel bewerben kann. Dabei stellen wir schnell fest, dass es in Afrika nur Optionen für Südafrika und eventuell,
aber noch unklar Ghana geben wird. Ansonsten geht es um China, Indien, USA, und eventuell Mexiko, sowie Lettland, Griechenland oder Italien.
Diese Länder werden als bisherige Partnerländer des BMBF angegeben. Es wird erklärt, dass der Schwerpunkt auf diesen Ländern liegt. Es wird außerdem erklärt, dass man sich am lokalen Bedarf der
Länder orientiert. Jedoch wird es andrerseits Vorgaben zu Projektinhalten geben. Projekte zur dualen Ausbildung werden explizit als nicht förderungswürdig bezeichnet. Auch Projekte zum dualen
Studium in einem Partnerland werden als nicht förderungswürdig bezeichnet, mit der Begründung, dies sei dem deutschen Steuerzahler nicht zuzumuten. Ist die Durchführung von Onlinekonferenzen mit
solch widersprüchlichen Angaben von Personen, die ganz offensichtlich hohen Ausbildungsbedarf zu diesem Thema haben, dem deutschen Steuerzahler zuzumuten – fragen wir uns ganz spontan? Wir wissen
es nicht und nachdem wir uns einige weitere merkwürdige Widersprüche angehört haben, klinken wir uns entnervt aus.
Am Nachmittag findet die Grundsteinlegung für das Internat der Mädchen in Devikinme statt. Devikinme liegt etwa 20-25 km vom Robinson Plage entfernt. Zunächst geht es auf der Uferstraße in Richtung Aneho, die ist grad im Ausbau. Zwei Fahrbahnen in jede Richtung, ein gemauerter Mittelstreifen mit Straßenlampen, rechts und links der Straße gepflasterte Wege für Fußgänger – wenn’s mal fertig ist, tolle Infrastruktur, die hoffentlich auf dem sandigen Untergrund gut erhalten bleibt. Irgendwann biegen wir von der Hauptstraße ab in Richtung Devikinme. Nun geht es über Sandpisten noch ein paar Kilometer weiter.
Im neuen Ausbildungszentrum in Devikinme sind bereits ein Teil der Gebäude fertig bzw. im Rohbau. Wir sind positiv überrascht, wie das aussieht und wie gearbeitet wird. Heute sind viele Arbeiter auf der Baustelle. Die Gebäude werden aus roten ungebrannten Lehmziegeln hochgemauert. Rings um das Ausbildungszentrum, das ungefähr 500m vom Strand weg liegt, sind Gemüsefelder. Für die Bewässerung der Gemüsefelder gibt es offenbar ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem. Überall zwischen den Beeten sind Schläuche am Boden verlegt, aus denen feine Wasserfontänen gleichmäßig einen halben Meter hoch heraussprühen. Die Luftfeuchtigkeit ist enorm hoch. Wird spannend, wenn wir hier mal IT Geräte betreiben wollen – Feuchtigkeit und Staub gehören nicht gerade zu dem, was Computer vertragen können.
Zur Grundsteinlegung müssen verschiedene offizielle Redner zu Wort kommen. Unter anderem der traditionelle Chef bzw. der König des Ortes, der Generalsekretär des Regierungsvertreters, ein Oberhaupt von Religionsgemeinschaften und natürlich die Leiter der beiden Vereine KTGW, Blaise Pascal D’Almeida und Togo-Hilfe e.V. Rheinbach, Michael Firmenich.
Togo-Hilfe selbst ist ein kleiner Verein in Deutschland und macht grundsätzlich nur überschaubare Projekte, die mit den wenigen aktiven Vereinsmitgliedern ehrenamtlich gestemmt werden können. Ein Spezialgebiet von Togo-Hilfe e.V. ist die Finanzierung von in sich abgeschlossenen Projekt Themen, die durchaus Teil eines großen Ganzen sein können. So könnte der kleine gemeinnützige Verein von Togo-Hilfe in seiner jetzigen Größe niemals selbst in Togo ein Ausbildungszentrum mit Lehrkräften, vielen Ausbildungsschwerpunkten und Auszubildenden betreiben und managen. Daher geht Togo-Hilfe Kooperationen ein – aktuell mit KTGW – KommTogoGehWeiter e.V. Um Projekte wie dieses Ausbildungszentrum zu verbessern oder zu erweitern schaut sich Togo-Hilfe an, was mit den vorhandenen Mitteln ergänzt werden kann, stimmt dies mit dem verantwortlichen Organisator ab und trägt zur Finanzierung des Teilprojektes bei. In diesem Fall wird das Ausbildungszentrum um ein Internat für Mädchen erweitert. Das Ausbildungszentrum liegt mitten in den Feldern in einer ländlichen Gegend. Für junge auszubildende Mädchen wäre es gefährlich hier weite Wege womöglich noch im Dunkeln und allein zurück zu legen. Jungen können bei Familien im Dorf übernachten. Für Mädchen, die hier aus anderen Regionen Togos herkommen, wird das schwierig. Die Pläne hatten wir ja bereits am Montag mit dem Architekten durchgesprochen.
Bei den Rednern die zu den Feierlichkeiten der Grundsteinlegung für das Mädchen-Internat kommen, ist der Generalsekretär der lokalen Regierung anwesend. Er erklärt, er glaube nicht an Zufälle.
Gestern erst wäre im togoischen Parlament über Maßnahmen gegen Gewalt gegenüber jungen weiblichen Auszubildenden diskutiert worden und heute sei er bei der Grundsteinlegung für dieses
Mädchen-Internat für Auszubildende. Die Idee, Berufsausbildung für junge Frauen hier auch mit Blick auf deren Sicherheit zu ermöglichen, beflügelt auch andere der wirklich zahlreichen
Redner.
Togo-Hilfe e.V. kann dieses Projekt aufgrund einer größeren zweckgebundenen Spende für die Unterstützung der Ausbildung junger Frauen realisieren.
Danach wird der sogenannte Grundstein auf einen Sockel zementiert und es gibt ein Gruppenfoto. Wir sind gespannt, ob das wirklich alles bis Ende März 2023 fertig sein wird – wir haben jedoch einen sehr guten Eindruck gewonnen. Danach fährt Aimé uns zurück ins Hotel Robinson Plage. Die Zeit vergeht nun gefühlt wie im Flug.