Nach fast 24 Stunden auf den Beinen fallen wir müde ins Bett. Das Kopfkissen ist sogar weicher als die Fußmatte. Um das Laken beginnt der Kampf zwischen Volker und mir – eine Zerreißprobe! Die Klimaanlage rattert. Erst das Gewitter in der Nacht übertönt die Geräusche.
Im April ist in Togo die sog. „Kleine Regenzeit“. Das Meer ist deutlich zu hören. Erfreulich ist, dass bisher keine Moskitos unseren Weg kreuzen. Die morgendliche Dusche erweckt die Lebensgeister. Das kühle Nass tut bei bereits 30 Grad trotzdem richtig gut. Der kurze Weg am Strand zum Nachbarhotel gibt den Blick auf das Meer, den Hafen und die vielen vor Anker liegenden Schiffe frei. Die alte Uferstraße ist in der Brandung zu sehen. Das Meer frisst sich immer weiter den Strand hinauf. Um 8.00 h versammeln wir uns auf der Terrasse des Robinson Plage zum Frühstück. Der Kaffee, die Früchteplatte und die selbstgemachte Marmelade – herrlich!
Joachim Milz von der Handwerkskammer zu Köln kommt hinzu. Er arbeitet in Togo und versucht so das Handwerk in Togo zu stärken. Wir fahren zu unserem ersten Programmpunkt heute. Aimé erzählt im Bus über Land und Leute. In Togo wohnen 8 Millionen Einwohner, davon alleine gut 2 Millionen in der Hauptstadt Lomé – die einzige Hauptstadt weltweit, die direkt an einer Landesgrenze (zu Ghana) liegt.
Scheinbar sind alle gleichzeitig auf der Straße. Motorräder mit bis zu 5 Personen drauf überholen uns. Der Küstenstreifen ist nur 50 km breit und umfasst in Lomé den wichtigsten Tiefseehafen Westafrikas. Von hier aus fahren überladene LKWs Richtung Norden, vor allem nach Burkina Faso und Mali. Wir fahren in den Stadtteil Be (=Zuflucht). Es ist der älteste Stadtteil von Lomé. Dort besuchen wir den Bäcker Gabfa-Wona Kadzo Dodzi.
Er betreibt, seinerzeit im Aufbau von der Togo-Hilfe unterstützt, einen kleinen Ausbildungsbetrieb mit 6 Auszubildenden, davon 1 Mädchen. Wir besichtigen die Backstube der Boulangerie und Patisserie und dürfen vom wirklich köstlichen Brot probieren. Ob das Geschäft wirklich läuft lässt sich nicht beurteilen. Der Meister erzählt von Lieferungen für Hotels und die Einladung zum Afrika-Bäcker-Wettbewerb nach Marokko. Der große Ofen, bei dem die Togo-Hilfe die Verschiffung aus Marseille unterstützt hat, ist offensichtlich noch nicht im Betrieb. Die Ausbildung dauert 3 Jahre. Lehrlinge erhalten keine Ausbildungsvergütung und müssen zudem noch ein halbes Jahr nach Beendigung der Ausbildung kostenfrei für den Meister arbeiten. Danach richten die Eltern des Auszubildenden eine Freilassungsfeier aus, die 50.000,- CFA, etwa 75,- €, kostet. Erst dann ist der Lehrling „frei“.
Auf der Neubaustraße der Chinesen geht es Richtung Madjikpeto. Dort besuchen wir den Schulkomplex mit Kindergarten, 4-zügiger Grundschule (1. - 6. Klasse) und Realschule. Die vielen Kinder in den Schuluniformen begrüßen uns mit großen Augen. Es beginnt eine Zeremonie mit Ansprachen und Tänzen. Die Schuldirektorin begrüßt uns und dankt für die über 10 jährige Unterstützung der Schule mit den Neubauten, den Toiletten, der EDV-Ausstattung und den vielen Schulbänken. Natürlich gibt es weitere Wünsche, wie ein Verwaltungsgebäude und ein Ausbildungszentrum. Die Kindergartenkinder tanzen in der Mittagshitze zu Gesang. Herrlich diese Bewegungen, der Rhythmus und die Begeisterung der Kleinen. Uns wird es noch wärmer rund ums Herz. Sogar die Augen werden feucht. Emotionen pur! Der Bürgermeister und der Schulinspekteur bedanken sich bei uns für die wichtige Unterstützung. Besonders auffällig wäre, dass wir nicht einfach einmal kommen und dann wieder weg sind, sondern jährlich wiederkommen um zu sehen was aus der Hilfe geworden ist. Die Grundschulkinder – alle traditionell mit heller Kreide bemalt – tanzen zu Gesang und Trommelbegleitung. Wir sitzen aufgereiht vor einem Schulgebäude und bestaunen die Kinder, die im Sand „alles geben“. Immer wieder wird im Gesang der Togo-Hilfe gedankt.
Anschließend überreicht Michael der Schule unsere Gastgeschenke. Die Kreidetafeln aus dem Städtischen Gymnasium sind seit einer Woche vor Ort. Der Trikotsatz aus der WDR-2-Aktion „Trikottausch“ für die Fußballer findet besondere Begeisterung. Danach besichtigen wir das Schulgelände mit unseren Bauten und dem Togo-Hilfe-Grundstein vom 29.11.2012. Kinder spielen auf dem Sportplatz, der nur mit Mühe als solcher zu erkennen ist. Ein Klassenraum ist ausgeräumt und dient uns für das Mittagessen mit den Lehrerinnen und den „Honorationen“, u.a. dem traditionellem Dorfchef. Das Couscous ist mächtig scharf – aber lecker zum Geflügel. Beim Mittagessen auf den kleinen Schulbänken können wir die ersten Eindrücke verarbeiten.
Die Gruppe fährt noch zu dem Friedensdenkmal, sowie dem Freiheitsdenkmal. Michael und ich begleiten Blaise von KommTogoGehweiter zum im Bau befindlichem Ausbildungszentrum in Dévikinmé – auch am Meer gelegen. Hier werden wir in einer guten Woche das Richtfest feiern. Wir fahren zum Fischmarkt von Lomé. Die Fliegenpopulation nimmt deutlich zu. Blaise zeigt uns das 3-P-Fischrestaurant „Poisson du Port de Peche“. Er hat den Eigentümer unterstützt seine Kochleidenschaft erfolgreich umzusetzen. Von der Küstenstraße biegen wir ab Richtung Dévikinmé. Die Straße wird fast unpassierbar. Es sieht aus wie die Mecklenburger Seenplatte. Die Sandpiste ist übersät mit tiefen Schlaglöchern, die dankbar das Gewitter der Nacht aufgenommen haben. Kurz vor der Küste erblicken wir die imposante Baustelle, bestehend aus mehreren Gebäuden. Es wird kräftig gearbeitet. Der Teil, den die Togo-Hilfe finanziert – das Mädcheninternat, ist noch im Rohbau. In einer guten Woche soll die Decke auf dem Obergeschoss gegossen werden. Das wird sportlich! Michael schaut sich den Raum für die Augenprüfstation an. Hier werden wir in der letzten Woche die Einrichtung einbauen. Das wird schweißtreibend!
Wir fahren zurück an fruchtbaren Feldern vorbei. Die Felder werden reich bestellt. Wir schauen uns das Beach Village Hotel an, um ggf. die letzte Woche etwas näher am Ausbildungszentrum zu wohnen. Aber das Hotel liegt zwar am Strand, aber weit ab in der Nähe des Phosphathafens. Es sieht auch nicht fertig gebaut aus – was allerdings „normal“ ist. Zurück im Robinson Plage bzw. Coco Beach springen wir unter die Dusche und treffen uns zum Abendessen. Die „kühle“ Brise vom Meer – immer noch 30 Grad – fühlt sich gut an. Es gibt Gemüsesuppe mit den von Michael als Überraschung mitgebrachten Siede- und Mettwürstchen von der Metzgerei Merzbach aus Rheinbach. Lecker!
Wir bekommen von Aimé unser togoisches Geld – den CFA, den Westafrikanischen „Euro“. Das morgige Programm wird durchgesprochen. Es wird mit Sicherheit auch wieder spannend. Jetzt gilt es erst einmal den heutigen Tag zu verarbeiten.