4. Tag: Togo-Tour Ostern 2023

Gründonnerstag - Kpalimé

Volker hat unruhig geschlafen
Volker hat unruhig geschlafen

Die Nacht war ruhig, obwohl das Hotel gleich an der Hauptstraße liegt. Die Klimaanlage tut ihren Dienst und hat sogar „das Muffige“ aufgesogen. Wir können wunderbar einschlummern. Die aufgehende Sonne weckt uns gegen 5.00 h. Nochmal rumdrehen und zumindest bis 6.00 h dösen. Der Blick vom Balkon zeigt, dass der Swimmingpool keine Umwälzpumpe hat. Das Wasser ist sehr grün. Hier fühlt sich so manches Insekt wohl. Besser dort als bei uns im Zimmer. Also – statt Pool – doch lieber die Dusche. In bewährter Manier setzen Volker und ich das Bad nacheinander unter Wasser. Es ist sogar ordentlich Druck auf der Wasserleitung. Sogar beim Warmwasser! Die Nutzung der Toilette erfordert Einparkübung. Rückwärts zur Toilette, dann zwischen Waschbecken und Badewanne die Kurve bekommen, nochmal ausrichten – geschafft! Die Nacht haben wir uns erneut vertragen. Jetzt werden wir uns auch über die Nutzungsreihenfolge der einzigen Steckdose im Zimmer für die Ladevorgänge Laptop, Smartphones und Kamera einig.

 

Das Frühstück ist typisch „Kpalimé“. Natürlich Nescafé, aber auch Tee, frisch gepresster Orangensaft von dem Gastgeschenk von Felix, Bananen – ebenfalls von der Gustav-Nachtigal-Schule, Baguette zunächst von gestern – dann von heute – und Orangenmarmelade (der Rest vom Auspressen?). Bei den ersten Neuen fängt der Magen an zu grummeln und es stellt sich leichte Übelkeit ein – alles normal. Eine Toilette in der Nähe beruhigt natürlich. Die Umstellung auf die hiesige Küche ist nicht jedem Magen recht. Wir starten mit dem Besuchsprogramm.

 

Auch am Gründonnerstag beginnt das Leben auf der Straße recht früh. Die ersten Fufu-Stampferinnen bereiten das Mittagsmahl vor indem sie mit den langen Stampfern gekochte Yamswurzel eifrig zum sämigen Brei stampfen. Nebenan wird derweil Beton gemischt – natürlich auch per Hand. Der Metzger hackt auf dem Fleischstück rum. Wir kommen in Kusuntu, der Ortsteil von Kpalimé in dem ich Ehrenhäuptling bin, an der Rue Rheinbach vorbei. Das Straßenschild steht immer noch.

Eine einfache Pistenstraße, die nie Asphalt sehen wird. Wir steigen auf zu dem Misa-Höhen, etwa 700 m hoch. Hier waren um 1890 die ersten Deutschen angekommen um von dort die Region Kloto zu regieren. Jesko von Puttkammer, kaiserlicher Kommissar und später Landeshauptmann der Togokolonie gründete 1890 die Station Misa-Höhe. Er nannte sie zum Andenken an seine Geliebte Misa von Esterhazy so. Es war nach „Bismarckburg“ die zweite Station in Togo. Erster Stationschef war Leutnant Anton Bruno Herold. Ihm folgte bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges Dr. Hans Gruner. Auch ein Gefängnis wurde hier gebaut. Die Misa-Höhen sind grün bewaldet. Alter Baumbestand säumt den Weg.

Wir kommen an einem kleinen Wasserfall vorbei. Die Straße ist inzwischen in einem erstaunlich gutem Zustand und wird sogar weiter saniert. Hauchdünn wird gerade Asphalt aufgetragen und dann reichlich Schotter drauf planiert, denn die Straße wird sofort wieder zur Nutzung freigegeben. Wir erreichen hoch oben – unweit der Grenze  zu Ghana - das Schloss Viale. Es wurde von 1940 – 1944 vom Deutsch-Franzosen Raymond Francois Viale gebaut. Er war französischer Anwalt in Togo. Sein Vater war der Arzt der Region Kloto. Tagelöhner brachten die Baustoffe, die per Bahn damals von Lomé nach Kpalimé kamen, zu Fuß auf die Anhöhe. Eine richtige Straße gab es noch nicht. 1975 erwarb der Togoische Staat das Schloss. Es diente zunächst bis 1979 als Präsidentenresidenz und danach für 3 Jahre als Präsidentenschloss. Hier tagte das 8-köpfige Kabinett von Gnassingbé Eyadéma und es wurden Staatsoberhäupter aus aller Welt empfangen. Wir besichtigen das imposante Bauwerk. Ein Geheimgang hätte zu jeder Zeit den Staatspräsidenten durch einen Fluchttunnel in Sicherheit gebracht. Das Gebäude, inzwischen Fensterlos, ist in einem erstaunlich guten Zustand. Teilweise sind sogar die Zwischendecken noch intakt. Viele Namensverewigungen zeugen von dem Besuch der letzten Jahre. Neben dem Schloss gab es noch ein Gästehaus. Der Wald hat in bizarrer Art einige Gebäudeteile wieder in Besitz genommen.

Kapok-Baum mit Egon
Kapok-Baum mit Egon
Die Natur holt sich alles zurück
Die Natur holt sich alles zurück

Ein wunderbarer „Lost-Places“-Bereich. So mancher Fotograf hätte seine helle Freude mit dem Ort. Schmetterlinge und Tausendfüßler, aber auch viele Tropenpflanzen, wie die „Malertafel“, säumen den Weg. Weiter geht es ins nahe Kouma Konda, dem heutigen Klotho 3. Hier stand einst das deutsche Sanatorium für die Gesundung der an tropischen Krankheiten erkrankten Deutschen. Viele sind Ende der 1890er und Anfang der 1900er-Jahre an Malaria oder Tuberkulose gestorben. Heute ist es ein Hotel. Der Baumbestand ist noch aus der deutschen Zeit. Vor allem die großen Mangobäume fallen auf. Wir erblicken auch immer mehr Termitenhügel.

Manioc, Mangobaum, Termitenhügel
Manioc, Mangobaum, Termitenhügel
Waldbrand
Waldbrand

Auf den Feldern steht Manioc. Wir gehen zur Wetterstation und blicken in Richtung Ghana. Kleine Echsen begleiten uns. Der große Kapok-Baum fällt durch seinen unten sehr breiten, gefächerten Stamm auf. Die Wolle des Baumes wird zum Füllen der Kopfkissen genutzt. Von der Straße gehen wir runter zum knapp 1 km entfernten Deutschen Friedhof. Wir kommen am Verwaltungsgebäude und Gefängnis aus der deutschen Zeit vorbei. In der Ferne sehen wir den Palmenwald lichterloh brennen. Auch hier gibt es Waldbrände. Der Friedhof mit gut 10 Gräbern, davon noch drei mit den Grabsteinen, ist wieder in einen guten Zustand versetzt worden. Kein Vergleich zu meinem letzten Besuch. Die Gräber von Kaufmann Otto Schneider, der mit 30 Jahren 1902 starb und von Regierungsbaumeister Ernst Schmidt, der 1904 mit 32 Jahren starb, stechen besonders hervor.

Der Aufstieg zurück zum Bus ist schweißtreibend.

 

Salifou hat Pause
Salifou hat Pause
Gendarm mit Badeschlappen
Gendarm mit Badeschlappen

Aber es erwartet uns kurze Zeit später im Hotel Le Kloto das Mittagessen. Couscous mit Gemüse und einem kühlen Bier. Die Lebensgeister sind wieder geweckt und so fahren wir anschließend zum Wasserfall von Wome. Die Strecke dorthin ist ein Erlebnis. Die asphaltierte Straße wird schnell zur Sandpiste mit riesigen Schlaglöchern. Salifou gibt alles, aber es wackelt trotzdem heftig im Bus. Die kleinen Ortschaften werden immer ärmlicher. Die Behausungen sind kaum als solche zu erkennen. Mit einer stoischen Ruhe versuchen Frauen ihre vier Mangos und fünf Bananen zu verkaufen. Ob jemals ein Käufer kommt? Kinder am Wegesrand winken und freuen sich über die Jovos – die Weißen. Kurz vor dem Ziel werden wir mal wieder kontrolliert. Ein Posten in Oliv mit Badeschlappen meint, dass sich einer von uns – es trifft Egon –  bei der Gendarmerie anmelden muss.

Am Wasserfall ist was los
Am Wasserfall ist was los

Angekommen am Eingang zum Wasserfall Wome stellen wir fest, dass wir nicht alleine sind. Unzählige Kinder sind gekommen. Große Kulturwoche der Kinder der Schulen der Region. Auch Hyacinthe ist mit meinem Patenkind Raymond gekommen. Raymond, den Brigitta und ich seit seiner Grundschulzeit unterstützen, ist inzwischen Maurerlehrling und hat das erste Jahr erfolgreich abgeschlossen. Ich freue mich ihn zu sehen und überreiche ihm ein paar kleine Geschenke. Er ist immer noch eher ein ruhiger Typ. Hyacinthe hatte ich noch im Januar gesehen. Er war mit einem UNESCO-Welt-Programm in Deutschland. Wir gehen die über 300 Treppen hinunter zum Wasserfall.

 

Und dann beginnt das Spektakel! Schon von weitem sind die Kinder zu hören. Hunderte von Kindern planschen vergnügt und lustig im Wasser. Nur mit Mühe kann ein Lehrer mit Megaphon die Kinder bändigen. Es ist ein Schauspiel besonderer Art. Das Wasser ist vor lauter Kindern kaum zu sehen. Sind es 500? Sind es 1000? Von wegen Stille am Gründonnerstag. Wir schauen uns das Treiben an und gehen danach im Tross mit den vergnügten Kindern wieder die Stufen steil bergauf. Herrlich diese glücklichen Kinderaugen! Der Ausflug scheint sich gelohnt zu haben. Über die Schotterstrecke zurück nach Kpalimé freuen wir uns auf die Dusche im Hotel Le Kloto. Es wird wieder schnell dunkel und schon geht es ab ins Zentrum in eine Pizzeria. Auch das hat Tradition. Einmal Pizza auf der Reise in Kpalimé. Lecker! Wir schauen zu, wie sie im Holzkohle-Ofen hergestellt werden und kämpfen anschließend mit den Pizzen. Die Hitze steigt wieder auf. Michael hat über Thomas Krahl, den wir seit Jahren gut kennen und inzwischen für die GIZ in Kpalimé arbeitet, zwei einheimische Musiker – einen Gitarristen und einen Trommler - bestellt. Schnell kommt Stimmung auf. Wir bleiben bis das Licht ausgeht – es war aber nur der Stromausfall!

Die Bar unseres Vertrauens
Die Bar unseres Vertrauens
Stefan + Raymond
Stefan + Raymond