6. Tag: Togo-Tour Ostern 2023

Ostersamstag – Atakpamé

Der Früchteträger
Der Früchteträger

Wir konnten in der Nacht das extrem harte Bett nicht weich liegen. Gut, dass Volker und ich reichlich gepolstert sind. Die Klimaanlage läuft immer dann besonders laut, wenn der Generator am Hotel einspringt, da wieder mal der Strom ausgefallen ist. Das ist immer noch ein Problem in Togo. Die Stromversorgung ist nicht stabil. Wir frühstücken heute auf der Terrasse. Es geht ein leichtes Lüftchen. Mit den Früchtetellern, Baguette, Butter und Marmelade lässt sich der Tag bei Kaffee oder Tee gut beginnen. Angenehm ist, dass es bisher auf der Reise kaum Mücken gab. Eigentlich gar keine. Das beruhigt. Nur Volker meinte unbedingt von einer Tigermücke gepiekst werden zu müssen. Mit dem „Mückenbruzzler“ wurde die Hand sofort von Edgar behandelt. Alles gut – bis jetzt. Wir werden von der Amputation absehen. Salifou fährt heute ohne Brille. Scheint etwas zu bewirken. Wir haben diesmal keine Polizeikontrolle.

Reste Funkstation Kamina
Reste Funkstation Kamina
Agame in Kamina
Agame in Kamina

Wir fahren ins 7 km entfernte Kamina. Dort kommen wir zunächst am Grab des einzigen deutschen Gefallenen des 1. Weltkrieges in Togo vorbei – Unteroffizier Heinrich Klemp, gestorben am 22. August 1914 bei der Schlacht bei Wahala. In der Nähe des Grabes stehen die Ruinen der deutschen Funkstation Kamina. Eigentlich sollte die Station in Anié, 30 km nördlich von Atakpamé, errichtet werden. Dort zerstörte ein Wirbelsturm allerdings die bereits im Bau befindlichen Funkmasten. Die Sende- und Empfangsanlage wurde daher von der Firma Telefunken, vertreten durch Baron Anton von Codelli, in Kamina errichtet. Die extra dafür errichtete 7 km lange Eisenbahnlinie brachte die Baumaterialien in die Nähe der Baustelle. 150 Tagelöhner aus dem Norden Togos mussten für 0,50 Mark am Tag die Materialien an die Baustelle tragen. Weitere 100 Arbeiter aus der Region arbeiteten für die Firma Telefunken. Die Bauzeit betrug 3 Jahre, von 1911 bis 1914. Die Kosten beliefen sich auf 5 Millionen Reichsmark. Ziegeleien, Schreinereien und eine Holzkohleproduktion wurden vor Ort errichtet. Es wurden 6 Masten mit einer Höhe von 120 m und 3 mit einer Höhe von 75 m aufgebaut. Die Sendeleistung betrug 120 Kilowatt und erreichte das über 5000 km entfernte Nauen bei Berlin oder die Schiffe im Atlantik. Der offizielle Betrieb wurde im Juli 1914 aufgenommen. Durch den 1. Weltkrieg konnte die Station nur einen guten Monat betrieben werden, bis am 20. August 1914 aus Berlin der Befehl zur Sprengung kam, die in der Nacht vom 24. auf den 25. August, wegen den herannahenden Englischen Truppen, ausgeführt wurde. Wir besichtigen die Überreste der gesprengten Funktürme und der 1000 PS Kesselanlagen. Auch den Wasserspeicher sehen wir. Es ist erstaunlich wie gut die Überreste auch heute noch zu erkennen sind. Vom Hauptmast ist noch der auf einer Kugel gelagerte Stahlboden zu sehen. Beeindruckend. Kinder führen uns über das Feld der Überreste. Dazwischen wird der Acker eifrig bestellt. Das wichtige Denkmal zur Geschichte Togos wird auch heute noch erhalten – einfach dadurch, dass die riesigen Stahlteile nicht zerstört werden. Wir fahren zurück Richtung Atakpamé.

Am Straßenrand arbeiten Weberinnen, Näherinnen und Friseurinnen. Wir halten an. Es ist für uns fast unvorstellbar wie heute noch gewebt wird oder mit der mechanischen Nähmaschine ohne Strom genäht wird. Jürgen und Andrea kaufen was „frisch“ Gewebtes. Die Kinder in der Nähe freuen sich, so wie bereits die Kinder in Kamina, über die kleinen Haribo-Tüten. Haribo macht Kinder froh! Von dort geht es auf den Markt von Atakpamé. Was für ein Gewusel! Es gibt – gefühlt – alles auf dem Markt. Natürlich Gemüse und Früchte. Aber auch vom Sarg über Kleidung bis zum Autoreifen – alles! Beeindruckend sind die geräucherten Fische und das „frische“ Fleisch. Wir verzichten auf den Genuss und kaufen stattdessen lieber Gewürze. Mit großen Augen stehen wir vor den Push-Ups – für den Hintern!

Push-Up-Hintern
Push-Up-Hintern

Salifou fährt uns hoch in den ältesten Teil von Atakpamé – nach Djama. Wir schauen auf die Stadt und sind berührt von den ärmlichen Verhältnissen hier. Wie kann man nur in den Behausungen wohnen? Am späteren Mittag nehmen wir – wieder auf der Hotel-Terrasse – das Mittagessen ein, bevor es zum Stelzentanz in einen Vorort von Atakpamé geht. In der Bar läuft gerade Fußball-Bundesliga. Freiburg gegen Bayern München. Es steht 0:1. Jugendliche führen für uns einen Stelzentanz auf, der uns beeindruckt. Riesig hoch über unseren Köpfen tanzen die Jungen auf der Straße zur Musik und zum Tanz der Mädchen. Beim Cirque du Soleil würde man viel Geld dafür ausgeben. Das Spektakel begeistert nicht nur uns, sondern auch die Schaulustigen. Herrlich, die Kinder zu sehen, wie sie mit großem Augen und offenen Mund den Stelzentänzern zuschauen. Das Spektakel geht nonstop eine Stunde. Was für eine Akrobatik und Energie der Stelzentänzer, der Combo und der tanzenden Mädels. Keine Pause! Zum Schluss müssen wir, zum Glück nicht auf den Stelzen, mitmachen – zur Belustigung aller Einheimischen. Die Tänzerinnen nehmen uns zur Hand. Wir haben beim Tanzen zumindest den Boden weiter verdichtet! Eine wunderschöne Stunde auf Plastikstühlen auf der roten Sand- und Steinpiste. Gab es überhaupt eine Sondernutzungserlaubnis?

Tuchverkäuferin mit Kind
Tuchverkäuferin mit Kind

Wir fahren zurück ins Hotel Luxembourg. Mit 8 Leuten gehen wir noch raus um das Straßenleben aufzunehmen. Schrotthändler, Fleischer, Gemüsestände, Garküchen, und noch viel mehr finden unser Interesse. Es fängt an zu regnen. Der erste Regen für uns in Togo. 4 von uns laufen schnell ins Hotel. Wir restlichen 4 nutzen den Regen zur Einkehr in eine einheimische Bar. Unter dem Wellblechdach finden wir Zuflucht. Es fängt an kräftiger zu regnen. Der Regen prasselt mit voller Wucht auf das Dach. Eine Unterhaltung ist nicht mehr möglich. Es blitzt und donnert! Was für eine Regenmasse. Unser Sandboden wird schnell zur Wasserfläche. Es wird immer heftiger. Kommen wir trocken zurück? Nach knapp 2 Stunden laufen wir die restlichen 500 m – es regnet immer noch - zum Hotel. Quasi die Vordusche! Der Regen ist warm. Vor dem Hotel ein Wasserstrahl vom Dach. Super um die Sandalen zu waschen. Schnell die durchnässten Klamotten zum trocknen aufhängen. Die warme Dusche tut gut. Zum Essen sitzen wir zusammen bei Couscous, Pizza, Hühnchen, Salat oder Suppe und reden begeistert über den Tag. Eine tolle Truppe!

Buschtankstelle
Buschtankstelle
Haute-Couture Le Boss
Haute-Couture Le Boss
Jungs mit Fußball
Jungs mit Fußball