Die Nacht war ruhig und ohne Regen. Das macht Hoffnung auf die Fahrt nach Dévikinmé. Das Frühstück schmeckt – wie immer. Michael nimmt lieber den Mangosaft. Gestern die Orange war wirklich arg sauer. Am Vormittag holt uns Joachim ab und wir fahren in Richtung Benin. Unsere Straße am Hotel links zur Küstenstraße ist noch unpassierbar. Viele LKWs und sonst nur tiefe Pfützen. Also rechts rum durch das zweite Elendsviertel. Hier leben die einfachen Fischer und die, die den Sand zum Verkauf in verschiedene Größen sieben. Aber der Müll soll getrennt werden! Sicherlich ein gefördertes EU-Projekt nach Delegationsreise des Umweltausschusses! Es stehen dafür in Extragestellen verschiedenfarbige Mülltonnen. Wahnsinn! Drumrum türmen sich die Müllberge.
Wir sind gespannt auf den Tag. Alles ist von Michael vorbereitet. Die Gerätschaften sind vor Ort und das Zubehör und Werkzeug haben wir ja mitgebracht. Am im Bau befindlichen Ausbildungszentrum angekommen, sehen wir das Gewusel auf dem Mädchenhaus. Die Vorbereitungen zum Gießen der Betondecke auf das Erdgeschoss sind in vollem Gange. Wir schauen uns verschiedene Räume im Ausbildungszentrum an. Bei nochmal genauerem Hinschauen kommen uns schnell Bedenken, ob es wirklich richtig ist hier einen hochwertigen Augenprüfraum aufzubauen. Der Staub liegt noch dick in den Räumen. Es wird noch länger gebaut. Die offenen Seitenwände werden weiteren Staub in den Raum lassen. Die Augenprüfgeräte sind empfindlich und vertragen auf Dauer auch nicht die hohe Luftfeuchtigkeit, die noch zusätzlich vom nahen Meer her recht salzig ist. Außerdem: Wie oft kann der Augenprüfraum – außer bei einfachen Sehtests – wirklich zweckgemäß genutzt werden? Nur dann, wenn Michael – in der Regel 1 x im Jahr – vor Ort ist? Das erscheint unverhältnismäßig.
Also: Es muss ein Raum her, der von den Umwelteinwirkungen geeigneter ist und es muss ein Weg gefunden werden die Gerätschaften von Fachkräften dauerhaft über das Jahr zu nutzen. Waren wir in der Euphorie zu blauäugig? Jetzt zahlt sich das Netzwerk von Michael, Blaise und Joachim aus. Wir fahren ins benachbarte Gbodjomé zu den Don Bosco Salesianern ins Maison Don Rinaldi. Ein großes Gelände mit Schule und Internat. Dort zeigt man uns einen großen Saal. Aber auch der ist wegen der Lichteinstrahlung und der offenen Wände nicht geeignet. Als weitere Möglichkeit böte sich noch die kleine Bibliothek an. Wir schauen uns auch dieses, schon etwas baufällige, Gebäude an. Nein, auch hier sind die Rahmenbedingungen nicht tragbar.
Die Augenprüfstation hätte keine lange Lebensdauer. Also weiter überlegen! Wo gibt es eine NGO, die im Bereich Augen aktiv ist und über Fachkräfte verfügt? Joachim telefoniert mit edIrmela Erdmann, eine Augenärztin, die sich für CBM, die Christoffel Blindenmission engagiert. Er schickt ihr Bilder vom letzten Standort der Augenprüfstation in Kpalimé. Sie ist sehr angetan. Wir werden uns morgen mit ihr treffen. Michael möchte, was verständlich ist, eine Nutzung an einem wirklich geeigneten Standort mit Fachkräften, die regelmäßig mit den Gerätschaften arbeiten und damit hier Gutes tun.
Etwas enttäuscht fahren wir mit Joachim nach Avépozo zur Coco Beach. Ein wunderschöner Strandabschnitt mit reichlich Kokospalmen. Die Wellen schlagen hier mächtig an den tief abfallenden Sandstrand. Mit Blick auf den Strand lassen wir uns im Coco Beach Hotel und Restaurant „Chez Antoine“ nieder. Bei leckerem Fisch und für Michael, der immer noch nicht mit seinem Magen im Reinen ist, sein magenfreundliches Omlette, diskutieren wir die Situation weiter. Michael wäre beruhigt, wenn er die hochwertigen Instrumente und Geräte in guten Händen wüsste und diese nachhaltig genutzt werden. Dies vorzubereiten ist nun die Aufgabe der nächsten Tage. Es erreicht uns aus den USA der Dank des Vaters von Promise für den Besuch gestern. Er bedankt sich, dass wir Promise das Leben „geschenkt“ haben. Die Emotionen hören nicht auf. Auch im Hotel Robinson Plage diskutieren Michael und ich die Situation. Wir sind uns einig: Es wird eine gute Lösung geben, die auch Michael entlastet und beruhigt. Eine solche Situation ist typisch Afrika: Man kann alles schön bis ins Kleinste planen – die Realität ist dann doch ganz anders. Wir werden das Beste draus machen und es wird gut!